Ein neues Leben

22.06.2022

Wie ein Flüchtling aus Pakistan nach Deutschland kam

Als Teil einer muslimischen Minderheit in seinem Heimatland Pakistan fürchtete Adnan Aslam um sein Leben und floh nach Deutschland. Nun hat er bei DuoTherm eine Ausbildung abgeschlossen. Eine Geschichte mit gutem Ausgang – in Zeiten des Fachkräftemangels.

Wenn Adnan Aslam heute auf sein altes Leben zurückblickt, dann spricht er erstaunlich gelassen und ruhig darüber. Über die zunehmenden Repressalien, die er in seiner Heimat Pakistan erdulden musste. Und über die Ängste, die letztlich zum Entschluss führten, sein Land, seine Familie und seine Freunde zu verlassen – um ein neues Leben zu beginnen.

Seit gut fünf Jahren arbeitet der heute 37-Jährige nun bei DuoTherm. Anfang des Jahres hat er seine Ausbildung als Maschinen- und Anlagenführer abgeschlossen, als nächstes will er IT-Techniker werden. „Es läuft alles gut für mich“, sagt er. Dass sein Weg ihn nach Deutschland führen würde, war ihm damals, als er sein Heimatland verließ, noch nicht klar. Er wusste nur, dass er in Pakistan nicht bleiben konnte.

„Ich traute mich kaum noch vor die Tür“

Früher lebte er mit seiner Familie in Lahore, der 11-Millionen-Metropole im Nordosten von Pakistan. Er war gut ausgebildet, hatte ein abgeschlossenes Studium und eine angesehene Stelle als Berater in einer Bank. Als Teil einer gesellschaftlichen Minderheit im Land spürte er jedoch einen immer stärker werdenden Druck – auch auf der Arbeit.

Dieser Druck und das Mobbing schürten seine Ängste. Ausgehen, sich mit Freunden treffen, das Leben genießen, „all das konnte ich nicht mehr“, sagt Adnan Aslam im Rückblick. „Ich war fast nur noch zuhause bei meinen Eltern, traute mich kaum noch vor die Tür. Ich hatte mehr und mehr Angst um mein Leben. Und irgendwann sagte ich mir: Du musst etwas ändern. Du musst gehen.“

Vom Bankangestellten zum Bastler und Tüftler

Vor zehn Jahren, im Sommer 2012, war es so weit. Damals 27 Jahre alt, erhielt er zunächst ein Visum und kam in einem Flüchtlingslager in Sachsen unter, in dem er zwei Jahre lang lebte. „Das war hart“, erinnert er sich. Er musste im Lager bleiben, durfte sich nur einige Kilometer entfernen, und vor allem durfte er nicht arbeiten. Glücklicherweise gab es in dem Lager auch andere pakistanische Flüchtlinge, mit denen er gut auskam. „In dieser Zeit habe ich kochen gelernt“, sagt er gut gelaunt. „Die scharfe Küche meiner pakistanischen Heimat habe ich sehr vermisst.“

Schließlich erhielt er einen Reisepass für Flüchtlinge, den so genannten blauen Pass. Als danach die Arbeitserlaubnis erteilt wurde, kamen die nächsten Hürden. Das Studium, das er in Pakistan abgeschlossen hatte, wurde in Deutschland nicht anerkannt, daher konnte er nicht mehr in seinem alten Beruf bei einer Bank arbeiten. Doch schon immer war der 37-Jährige ein Bastler und Tüftler, hatte Spaß an Technik und Elektrik. „In Pakistan wird viel repariert, ehe man Dinge wegschmeißt und sie neu kauft. Erst wenn etwas völlig kaputt ist, wird es entsorgt.“ Über mehrere Leiharbeitsfirmen und mehrere Jobs kam er schließlich zu DuoTherm.

Schwierigkeit, neue Beschäftigte zu finden

„Dass der neue Kollege vielseitig interessiert ist, haben wir schnell gemerkt“, sagt Stephan Thielmann, Leiter des DuoTherm-Werks in Herborn. „Das Erledigen von Aufträgen auch mit hoher Stückzahl, Schnelligkeit und Präzision, Kontrolle der Maschinen, reagieren und mitdenken können – all das hat er schnell verstanden und exzellent umgesetzt, so dass für uns klar war: Wir müssen ihn unbedingt halten.“

Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen abseits der Ballungszentren hätten es schwer, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, ergänzt Thielmann und beklagt in diesem Zusammenhang die Zögerlichkeit der Politik: „Wenn arbeitswillige Menschen zu uns kommen, die auch gebraucht werden, und dann jahrelang erst einmal in Lagern leben und nichts tun können, ist das völlig kontraproduktiv.“ Ähnliches erlebe er nun auch mit den Flüchtlingen aus der Ukraine: „Die sind oft gut ausgebildet, können oder dürfen aber nicht eingesetzt werden.“

Hürden überwinden

Eine Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung des Instituts der deutschen Wirtschaft kommt zu dem Ergebnis, dass der Fachkräftemangel in Deutschland im ersten Quartal dieses Jahres ein Rekordniveau erreicht hat. Mehr Engagement, um neue Fachkräfte für den Arbeitsmarkt zu gewinnen, ist eine Forderung, die aus der Wirtschaft immer häufiger zu hören ist.

Thielmann sieht dabei vor allem sprachliche und EDV-Barrieren. Um die Beschäftigten gut einarbeiten zu können, seien grundlegende Deutsch- und EDV-Kenntnisse unerlässlich. EDV habe in den Betrieben zugenommen. Die Bedienung von Maschinen passiere meist auf Bildschirmen. „Wer noch nie einen Monitor gesehen hat geschweige denn die Sprache versteht, kann in vielen Bereichen schlicht nicht arbeiten.“

Daher müsse viel mehr geschehen, um diese Hürden schnell zu überwinden. Ein oder zwei Tage die Woche Sprach- und EDV-Kurse hält der Leiter des Werkes in Herborn für viel zu wenig – und spricht im selben Atemzug auch kulturelle Hürden an, die nicht immer überwindbar sind: „Wenn ein Mann eine Frau nicht als Kollegin akzeptiert, kann er bei uns nicht arbeiten, Punkt. Das haben wir leider schon erlebt.“

Eine Frage der Einstellung

Vieles, sagt Adnan Aslam, hängt daher von der eigenen Einstellung ab, an sich zu arbeiten, um sich zu integrieren. Bei der Frage nach Hilfe, die er selbst dabei erfahren hat, winkt der 37-Jährige ab – und es klingt durchaus ein gewisser Stolz mit, wenn er darüber spricht: „Ich habe hart gearbeitet, gute Leistungen erbracht und alles selbst erreicht. Wo ich stehe, habe ich mir verdient!“

Deutsch zu lernen, empfand er als schwierig. Früher, erzählt er, kam er immer mit Englisch gut zurecht, doch hier wurde erwartet, dass er Deutsch lernt. „Das ging mit der Zeit. Doch dafür ist nun mein Englisch schlechter geworden“, sagt er lachend.

Das Gefühl von Sicherheit in Deutschland

Zu seiner Familie in Pakistan – Eltern und Geschwister – hält er regelmäßig Kontakt. Freunde aus der alten Heimat hat Adnan Aslam nicht mehr. Dafür knüpfte er über die Jahre feste Bande zu einer pakistanischen Familie in Deutschland, bei der er auch seine Frau kennenlernte. Seit 2018 ist er deutscher Staatsbürger und lebt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern glücklich in Herborn. Vor einigen Jahren hat die junge Familie ein Haus gekauft.

Das neue Leben, es bietet Adnan Aslam vor allem eines: Sicherheit. Viele Dinge, die den meisten Deutschen selbstverständlich scheinen, erlebt er als kostbar. „In Lahore herrscht absolutes Chaos auf den Straßen, jeder macht, was er will, Unfälle kümmern keinen. Hier ist dagegen alles versichert und geregelt.“ Auch die medizinische Versorgung und die gesetzliche Krankenkasse möchte er nicht mehr missen. Am meisten jedoch genießt er die neue Freiheit. Die Freiheit, mit seiner Familie ein Leben zu führen, wie er es will: ein ruhiges Leben.

Mit 27 Jahren floh der heute 37-jährige Adnan Aslam aus seiner Heimatstadt Lahore, wo er als Teil einer muslimischen Minderheit um sein Leben fürchtete. Jetzt ist er deutscher Staatsbürger, hat seine Ausbildung als Anlagen- und Maschienenführer bei DuoTherm abgeschlossen und lebt mit seiner Freu und den beiden Töchtern in Herborn.

Früher in arbeitete er in Pakistan als Bankangestellter – heute bedient Adnan Aslam bei DuoTherm Maschinen. „Ich hatte schon immer Spaß an Elektrik und Mechanik“.

Deutsch zu lernen, war eine der größten Herausforderungen für den 37-Jährigen. „Es ging mit der Zeit. Doch dafür ist nun mein Englisch etwas schlechter geworden“, sagt er lachend.